Ein Boot chartern

Nicht jeder kann oder will sich ein eigenes Boot leisten.

Chartern bietet eine gute Möglichkeit als Normalverdiener an ein Boot zu kommen. Darüberhinaus bietet Chartern aber weitere Vorteile. Du lernst unterschiedliche Bootstypen kennen, kannst das Revier wechseln, bekommst das für Revier und Crew(größe) passende Boot. Außerdem lebt es sich unbeschwerter, wenn nach dem Charterende nicht weiter für Liegeplatz, Einwintern, Reparaturen etc. selbst zu sorgen ist.


Kenntnisse

Die Vercharterer erwarten Segelkenntnisse, die meist durch einen SKS-Schein nachzuweisen sind. In Griechenland z.B. muß auch der Co-Skipper ein Boot führen können - zumindest muß er/sie das schriftlich behaupten.

 

Eine ganz andere Frage ist, was man sich oder seiner Crew tatsächlich zutrauen kann und darf.

 

Wer noch nie selbst gechartert und geskippert hat für den ist sicherlich ein Skippertraining hilfreich. Das wird von vielen als Wochentörn angeboten.

Beruhigende Wirkung (und echte Hilfestellung) bietet auch Flotillensegeln. Dabei sorgt der Veranstalter für die Törnplanung, reserviert abends Liegeplatz und Restaurant. Der Flotillenskipper mit Crew unterstützt mit Rat und Tat. Gesegelt wird dann auf eigene Verantwortung.

Diese Törn sind oftmals als Familientörn ausgelegt und finden in familientauglichen Revieren statt.

 


Revier und Ausgangshafen

Revier und Jahreszeit müssen zu Deinen Fähigkeiten und denen deiner Crew passen. Revierbeschreibungen liefern dazu gute Informationen.

Die Anreise kostet Zeit, Geld und Kraft. Daher bei Flügen vorher checken, wie weit Flughafen und Ausgangshafen voneinander entfernt sind und wie der Transfer funktioniert.

Wir nutzen folgende Möglichkeiten:

  • Taxi (geht immer, Preisfrage)
  • Transfer über Vercharterer
  • Transfer im Internet vorher buchen (z.B. über "Resorthoppa") - wenn Resorthoppa Kleinbusse anbietet ist das in der Regel günstiger als Taxi
  • öffentliche Verkehrsmittel (gute Verbindungen z.B. Athen-Lavrion, Dubrovnik, Cagliari)
  • günstiger Mietwagen - Das lohnt sich im Einzelfall, wenn ein sehr günstiger Flug (z.B. Ryan Air nach Alghero/Sardinien) kombiniert wird mit einer längeren Anreise zur Marina (Alghero - Palau 150 km) 

Auswahl Vercharterer

Zwei gängige Möglichkeiten gibt es:

  • Agentur einschalten, die den Vercharterer vor Ort vermittelt.
  • Direkt beim Vercharterer buchen.

 

Wir haben in den letzten 22 Jahren etwa 50 mal gechartert. Ganz überwiegend nutzen wir dabei eine deutsche Agentur, mit der wir gute Erfahrungen gemacht haben hinsichtlich Qualität und Preis der Boote und - soweit wir Bedarf hatten - auch mit einer individuellen Beratung.


Vertragsschluß

Das wirkt immer noch etwas irritierend. Zunächst schließt du mit der Agentur einen Chartervertrag in deutscher Sprache. Vor Ort bei Übernahme der Yacht ist dann in der Regel noch ein weiterer Chartervertrag mit dem Vercharter abzuschließen, oftmals in schlecht lesbarer Schriftgröße über mehrere Seiten und in Landessprache. Keine Unterschrift - kein Boot.


Versicherungen

Kautionsversicherung

Charteryachten sind gegen Schäden und Untergang versichert. Das ist auch unabdingbar mit Blick auf den Wert der Boote.

Um die Prämien nicht in die Höhe zu treiben bleibt aber für den Charterer ein (nicht versicherter) Selbstbehalt, der bei ca. 1.500 bis 2.500 € liegt. Dafür ist vor Ort eine Kaution zu hinterlegen (Kreditkarte oder bar). Im Schadensfall ist also ein nicht unerheblicher Betrag selbst zu zahlen.

Dagegen kann man sich versichern; die Prämie ist abhängig von der Höhe der Kaution und liegt bei etwa 150 - 250 € p.a., wenn man den Gesamtjahreszeitraum versichert.

Kann man abschließen (dann gibt es im Schadensfall keinen Stress mit der Crew), muß man aber nicht (ist ja noch bezahlbar). 

Skipperhaftpflicht

Der Skipper ist verantwortlich, auch wenn er nicht selbst am Ruder steht. Versichert sind Schäden, die Crewmitgliedern untereinander oder ggü. anderen entstehen und die nicht durch Vorsatz  verursacht wurden; grobe Fahrlässigkeit ist (z.T.) mitversichert.

Diese beiden Versicherungen erschienen mir wichtig.

Daneben gibt es weitere wir eine Skipper-Unfallversicherung, Skipper-Rechtsschutzversicherung, Charter-Folgeschadenversicherung. Das sollte jeder für sich recherchieren, was genau notwendig und dann auch tatsächlich versichert ist.


Preise und Zahlung

Zahlungstermin

Die Charter ist meist in zwei etwa gleichen Raten fällig, die erste bei Buchung und die zweite ca. einen Monat vor Bootsübernahme.

Folgende Rabatte sind üblich:

  • Frühbucherrabatt - wird je nach Vercharterer bis Ende November oder Dezembe des Vorjahres, mitunter noch bis Ende Januar gewährt
  • Messerabatt - kann manchmal von der Agentur vermittelt werden
  • Wiederholerrabatt - möglich, wenn beim selben Vercharterer wiederholt gebucht wird
  • Rabatt, wenn mehr als ein Boot gebucht wird - wir sind im Frühjahr meist mit 2 Booten unterwegs

Neben der reinen Charter werden weitere Leistungen - in der Regel  vor Ort - gesondert berechnet

  • Außenborder
  • Spinnacker, Gennacker
  • Relingsnetz
  • 2. Set Handtücher, Bettwäsche (1 Set ist meist inkl.)
  • Schlußreinigung
  • örtliche Gebühren (in Kroatien z.B. Transitlog)

Die Zusatzausrüstung kann zwar auch noch vor Ort geordert werden; besser aber rechtzeitig in Deutschland ordern, da nicht immer ausreichend vorhanden (z.B. Gennacker).


Auswahl des Bootes

Größe

Charterboote sind in den letzten Jahren immer größer geworden. 2002 haben wir  zu siebt eine Woche auf einer 34 ft Yacht verbracht. Heute chartern manche zu viert 50 ft Yachten und größer.

Salonkojen sollten m.E. nicht mitgerechnet werden bei der Kapazität. Eine 2er-Kabine alleine für sich zu haben ist nicht notwendig, aber schön. Mit zwei Mann eine 2er-Kabine zu nutzen ist gerade auf größeren Booten (> 40 ft) unproblematisch, da genug Platz vorhanden ist. Wir belegen meist 2/3 der vorhandenen Plätze in den Kabinen, d.h. wir verteilen uns mit 4-5 Personen auf 3 Doppelkabinen (der Salon ist dann noch eine weitere Option, wenn jmd. das möchte).

Wir segeln meist mit 8-10 Personen. Das ist möglich mit einem 50 ft Boot. Ich ziehe aber aus folgenden Gründen stattdessen zwei kleinere Boote vor:

  • zwei Boote -> zwei Crews -> mehr Segelaktivität für alle
  • alles wird schwerer bei einem großen Boot: Handling im Hafen/ in der Bucht, Segelmanöver etc.
  • Engpass Plicht: die Anzahl der Kojen steigt, die Größe der Plicht wächst aber nicht proportional mit.

Alter

Ein neues Boot ist für viele attraktiv. Wir nehmen meist ältere Boote und haben damit bislang gute Erfahrungen gemacht. Es hängt stark von der Wartung durch den Vercharterer ab. Die Agentur sollte dazu Auskunft geben können.

Ältere Boote haben natürlich schon ein wenig "Patina" im harten Charterbetrieb angesetzt und weisen kleinere Mängel auf (Verschlüsse klemmen, Lichtschalter defekt o.ä.) Das sollte dann nichts sein worüber man sich ärgert.

Bei der Übergabe ist natürlich besonders darauf zu achten, dass die wichtigen Dinge vollständig und funktonsfähig sind.

 


(Zusatz-)Ausstattung

Ausstattung

Meist sind die Boote gut ausgestattet und es ist nicht wirklich notwendig, eigene Ausrüstung mitzubringen.

Einige Jahre habe ich meine eigene Rettungsweste (aufblasbar) mitgebracht, weil die Feststoffwesten an Bord unhandlich sind. Es geht aber auch damit - mindestens so wichtig (und immer an Bord) sind die lifebelts; oft sind sogar schon die Streckleinen ausgelegt.

 

Das Kartenmaterial ist ok, aber oftmals fehlt der große Maßstab oder eine Übersichtskarte. Daher bringe ich meist elektronisches Material mit.

Generell lässt sich sagen, dass Plotter und elektronische Karten Papier verdrängen. Darunter leidet auch das Besteck; letztes Jahr haben wir erstmals nur noch einen Schul-Zirkel und kopierte Seekarten vorgefunden.

 

Häufig wird für das Dinghi noch ein Außenborder gemietet. Das ist oft sehr nützlich, aber nicht zwingend erforderlich. Es hängt vom Revier ab. Häufig geht es auch ohne Außenborder.

 

Wem es Spaß macht (ich finde es macht Spaß) kann einen Gennacker oder einen Spinnacker dazumieten. Das ist nicht ganz billig, aber auch lehrreich. Wer das noch nicht kennt/kann sollte sich zumindest vorher über die Bedienung informieren.

 

Inzwischen auch im regelmäßig Angebot sind Stand Up Paddles für ca. 100 € die Woche.


Übergabe

Endlich ist es so weit. Ankunft vor Ort und die Frage, wo ist unser Boot?

Man meldet sich im örtlichen Büro des Vercharterers. Infos dazu gibt es rechtzeitig vorher von der Agentur oder direkt vom Vercharterer.

Nach Erledigung der Formalitäten (Vertrag, Kaution, örtliche Gebühren, Crewliste ggfls. ergänzen etc.) kommt die Übergabe des Bootes.

Anhand einer Übergabe-/Inventarliste bestätigt der Charterer, dass alles komplett und schadfrei ist - oder auch nicht. Meistens fehlen Kleinigkeiten, es kommt aber auch vor, dass noch Reparaturen durchgeführt werden müssen.

Die Übergabe ist verbunden mit einer Einweisung in die Bedienung des Bootes. Beides sollte durch den Skipper und den Co-Skipper durchgeführt werden. Es hilft, sich bestimmte Dinge zu notieren:

- wo genau ist die Sicherung für die Ankerwinsch

- wo sind Motor-Ersatzteile

- wo wird der Wassertank umgeschaltet

- wie wird die Bilge ausgepumpt etc.

Oftmals reicht das Gedächtnis nicht einmal bis zur Hafeneinfahrt.

Lieber einmal mehr fragen und erklären lassen.

Zur Übergabe gibt es zahlreiche Tipps und Checklisten (Bsp. s.u.).

Die gängigen Horrorgeschichten, wonach Vercharterer Kunden bei der Übergabe und später bei der Rückgabe über den Tisch ziehen kann ich (bislang zumindest) nicht bestätigen.

Es gibt sehr unterschiedliche policies: manche sind extrem penibel und zählen jeden Löffel nach (zeitweise bei Kiriacoulis). Andere winken locker ab und interessieren sich nur für grobe Schäden (zuletzt in Griechenland, HDM Sailing/Lavrion). Grundsätzlich fühle ich mich wohler, wenn der Vercharterer bei Rücknahme der Yacht gründlich checkt, d.h. auch abtaucht, weil dann für den Nachfolger böse Überraschungen unwahrscheinlicher sind.

Außerdem hatte ich den Eindruck, das eigene Ehrlichkeit honoriert wird. Wer selbst verursachte Schäden meldet (direkt während des Törns) und dazu steht statt sich bei Übergabe dumm zu stellen ("... das war schon", "sorry, habe ich gar nicht bemerkt") um ein paar Euros rauszuholen darf im Gegenzug mit Fairneß des Vercharterers bei der Übergabe rechnen.


Gute Tipps zum Chartern und zur Übernahme eines Charterbootes habe ich bei "skippertipps.de" gefunden: